Ayurveda

Ayurveda setzt sich aus den zwei Sanskrit Wörtern «Ayus» (Leben) und «veda» (Wissen) zusammen und bedeutet somit «das Wissen vom Leben». Der Ayurveda ist das Wissenssystem, auf welches sich die traditionelle indische Heilkunst stützt. Es unterstützt eine ganzheitliche Lebensweise, die wenn richtig angewendet, zum Erhalt der Gesundheit und zur Prävention dient. Aber auch zur Behandlung von Krankheiten kann der Ayurveda erfolgreich eingesetzt werden. Als schöner Nebeneffekt kann er uns helfen, ein glückliches, genussvolles und sinnerfülltes Leben zu führen.

Der Anfang des Ayurveda kann bis heute noch nicht mit völliger Sicherheit bestimmt werden, man nimmt aber an, dass die Entwicklung des Ayurveda in der vedischen Zeit vor ca. 6000 v.Chr. ihren Anfang nahm. Der Legende nach wurde das Wissen des Ayurveda von den sogenannten «Rishis», Sehern der alten vedischen Hochkultur Indiens, empfangen und niedergeschrieben. Die Rishis kann man sich als Priester, Gelehrte, Heilige und Propheten der damaligen vedischen Kultur vorstellen. Man nimmt an, dass sie durch Meditation und Studium sehr geschulte und feine Sinne erlangt hatten und den Ayurveda aufgrund von intensiven und ausführlichen Beobachtungen und Wahrnehmungen der Natur und des Menschen erfasst hatten.

Die Welt und alles Lebendige, ja alles Existierende, wird im Ayurveda als Zusammenspiel der fünf Elemente Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther verstanden. Durch das Zusammenspiel der Elemente entstehen die drei Doshas Vata, Pitta und Kapha. Vata wird dominiert von Luft und Äther, Pitta von Feuer und Wasser und Kapha von Erde und Wasser. Die Doshas muss man sich als ein Ungleichgewicht der Elemente verstehen, die jeweils als biodynamisches Prinzip fungieren. Alles Existierende entsteht durch ein Elemente-Ungleichgewicht und alles Existierende ist somit dominiert von einem oder zwei Doshas. Die Elemente und die Doshas können über unsere fünf subtilen Sinne «Tanmatras» (Schall, Konsistenz, Form, Geschmack und Geruch) mit den entsprechenden 5 Sinnen Hören, Tasten, Sehen, Schmecken und Riechen wahrgenommen werden.

Auch jeder Mensch hat sein eigenes Gleichgewicht der Elemente, welches auch Prakriti genannt wird. Je nach Vorherrschen der Elemente in einer Person, ist seine Konstitution durch eines oder mehrere Doshas bestimmt. Die Prakriti, die individuelle bioenergetische Konstitution, ist zum grössten Teil bei der Geburt bereits festgelegt. Sie wird durch die Gene der Eltern und durch die Umstände während der Zeugung und während der Schwangerschaft geprägt. Im Laufe des Lebens kann sich ein Element, wiederum bedingt durch äussere Umstände, erhöhen und somit das individuelle Gleichgewicht stören. Diesen Zustand wird Vikriti genannt, ein Mensch befindet sich nicht mehr in seinem konstitutionellen Gleichgewicht. Solange ein Mensch in seiner Prakriti lebt, also in seiner persönlichen Balance der Elemente, bleibt er gesund, auch wenn ein Element bei ihm natürlicherweise erhöht ist. Erhöhen sich aber ein oder gar mehrere Elemente kurz- oder längerfristig über das individuelle Gleichgewicht hinaus, so führt dies zu Symptomen. Werden Symptome längerfristig nicht beachtet können sich daraus Gewebeschäden entwickeln, die zu schweren Krankheiten führen können.

Die Mittel, die der Ayurveda zur Heilung und Gesunderhaltung einsetzt, sind umfassend. Zum Erhalt der Gesundheit und somit zur Prävention von Krankheiten bietet der Ayurveda Richtlinien zur gesunden Lebensweise angepasst an die Prakriti der einzelnen Person. Die richtige Lebensweise beinhaltet die richtige Ernährungsweise und körperliche Betätigung entsprechend der vorherrschenden Doshas, aber auch Lebensphilosophie und Ethik.

Im tropischen Klima Indiens gedeiht eine unglaublich vielseitige Pflanzenwelt, wobei die Eigenschaften und Wirkungen von sehr vielen Pflanzen dokumentiert sind. Nach der Philosophie des Ayurveda gibt es keine Pflanze, die nicht als Heilpflanze eingesetzt werden kann, da keine Pflanze ohne Wirkung ist, und nur die Dosis die Heil- oder Giftwirkung bestimmt. Wichtige Mittel zur Gesund-Erhaltung sind auch die sogenannten Rasayanas (Verjüngungsmittel).

Hat sich ein erhöhtes Dosha im Körper manifestiert kommt es zu Symptomen und zu Krankheit. Hier hat der Ayurveda wiederum ein Arsenal an Behandlungsmöglichkeiten bereit, welche allein oder kombiniert eingesetzt werden. Neben der rationalen Heilkunde werden im Ayurveda auch subtile Heilmassnahmen auf energetischer und spiritueller Ebene anerkannt, da der Mensch als ein vielschichtiges Wesen mit Körper, Geist und Seele verstanden wird. Die rationale Therapie beginnt als erstes mit dem Erkennen der Dosha-erhöhenden Ursache (Lebensstil und Ernährung) und dessen Vermeidung, wenn erkannt und vermeidbar. Die zweite Säule der Therapie ist die Dosha-ausgleichende Ernährung und Lebensweise. Ist die Krankheit schon bis zur Gewebeveränderung fortgeschritten, kommen medizinische Verfahren wie z.Bsp. Massagen, Ausleitungsverfahren zur Entgiftung, Ölgüsse oder Schwitztherapien zum Einsatz. Im alten traditionellen Ayurveda war auch die Chirurgie eine Methode, die bei gewissen Leiden zum Zuge gekommen ist, wobei diese Operationen heute natürlich von entsprechend ausgebildeten Schulmedizinern übernommen werden. Medikamente bestehen aus pflanzlichen, mineralischen und selten auch tierischen Bestandteilen in den verschiedensten Darreichungsformen. Für Massagen werden medizinierte Öle nach traditionellen Rezepturen verwendet.

Die berühmte Panchakarma-Therapie umfasst fünf reinigende Handlungen («pancha» bedeutet «fünf» und «karma» kann hier mit Tätigkeit übersetzt werden). Panchakarma ist eine wichtige Säule in der Behandlung von Krankheiten. Ausserdem wird es aber auch bei Gesunden Personen zur Entgiftung und Stärkung eingesetzt, z.B. um jahreszeitlich bedingte Dosha-Erhöhungen auszugleichen, oder zur Anregung des Flusses in den Zirkulationskanälen bei Anzeichen von Blockaden. Panchakarma kann auch im Rahmen von Verjüngungs- oder Potenz- und Fruchtbarkeitskuren eingesetzt werden, um einen maximalen Effekt der pflanzlichen Nahrungsergänzungsmittel zu erzielen. Nach einer vorbereitenden Behandlung («Purvakarma») auf Basis von diätetischen und entgiftenden Massnahmen, kommt es zur «Pradhanakarma», den eigentlichen reinigenden AusleitungsverfahrenSamshodana», Reinigung). Je nach Vorliegen der Doshas im Patienten wird über den Mund (therapeutisches Erbrechen «Vamana»), den Darm (abführende Massnahmen und Darmeinläufe, «Virecana» bzw. «Vasti»), die Nase (Naseneinlauf «Nasya») oder den Aderlass « Rakta Moksha» ausgeleitet. Nach den ausleitenden Verfahren gibt es eine Nachbehandlung («Pascatakarma»), in welcher der Patient vorerst nur Schonkost bekommt, damit er sich langsam wieder an die normale Ernährung gewöhnen kann. Im Anschluss an eine Panchakarma werden dann oft Rasayanas (pflanzliche «Verjüngungsmittel») empfohlen, die nun ihre Wirkung optimal entfalten können.

Die Philosophie des Yoga ist mit dem Ayurveda eng verwandt und deren Körper- und Atemübungen werden im Ayurveda gerne begleitend in der Prävention wie auch der Behandlung von Krankheiten miteinbezogen.